Endlich ging's mit dem gespannt erwarteten Workshop mit der Graffitikünstlerin aus Afghanistan los.
Für die Künstlerin, die mit Kindern &Jugendlichen eine Graffiti-Sprayaktion durchführt macht es natürlich
einen grossen Unterschied, ob sie für das zu gestaltende Bild eine Wand zur
Verfügung hat oder eine PVC-Blache von 2mx4.5m. Wir durften also mit dem Plan B die Sprayaktion im Garten vom KIOSK HÖHE durchführen. Die beiden Jungs, Tisi Lutz und Timo Schüpbach
montierten eine Blache (aus dem Haus WERBETECHNIK.CH Siegenthaler AG Bern) auf mobile Spray-Stellwände
(aus dem Kompetenzzentrum Arbeit Bern).
Zu Beginn stellte sich Shamsia über die
Englischübersetzerin Eveline Oechslin den Kids vor und erzählte ihnen wie sie von TERRE DES
FEMME Schweiz eingeladen wurde in die Schweiz zu kommen, über ihre
Erlebnisse in der Schweiz und in welchen Städten und mit wem sie dort
zusammenarbeitete.
Vor der weissen Blache
erklärte die Graffitikünstlerin den Kids kurz wie sie die Spraydose in der Hand
halten müssen und mit welcher Haltung die Striche gesprayt und
gezogen werden. Sie besprach sich kurz mit Nicole Wälti wegen der Höhe der
Blache, da kommen die Kinder nur mit einer kleinen Klappleiter hin. Ich bat
Tisi und Ihab sofort, die Blache etwas tiefer zu setzen, was nur ein kurzer
Moment dauerte.
Damit mehr Kinder die Blache
miteinander bearbeiten können, entschied Shamsia die Blache zu halbieren und
die Stellwände beidseitig zu besprayen. Diese Blache in zwei Teile zu schneiden störte mich. Blitzschnell überlegte ich,
dass eine ganze- oder zwei halbe Flächen sowohl den bildlichen Ausdruck wie
auch den Arbeitsprozess mit so vielen Kids (15) stark beeinflussen würde. Ich entschied mich doch Shamsia’s Wunsch für zwei halbe Flächen Folge zu
leisten und zerschnitt die Blache der Länge nach.
Danach ging alles blitzschnell! Shamsia sprayte den Kids
kurz 2-3 Striche und ein kleines Quadrat vor, damit die Kids die ihnen vorher
erklärte Handhabung mit den Spraydosen noch zuschauen konnten. Die Skizzen von
den Jugendlichen waren auf dem Boden bereit gelegt.
Dann sprangen alle Kinder sehr aufgeregt
auf die Wand zu, um ihre bevorzugten Plätze besetzen zu können. Ohne Hemmungen begannen sie ihre Skizzen mit den Spraydosen mutig auf der Blache umzusetzen... Ein paar Kids benutzten schwarze Faserstifte zum Vorzeichnen. Es war sehr spannend zu beobachten, was da abgeht...
Ich war ziemlich damit beschäftigt das lebendige Treiben mit meinem Fotokameraauge einzufangen, als ich plötzlich zwei von den kleinen kidswest-Jungs beim Sprayen entdeckte! Sofort stoppte ich sie und erklärte ihnen, dass sie nicht sprayen dürfen, weil sie ja nicht in der Zukunftswerkstatt waren und darum die Themen gar nicht kennen, die jetzt gesprayt werden sollen. Sie nahmen es mir nicht übel. H. war traurig, dass die Jungs einfach über ihr Gruppenbild gesprayt hatten. Ich ermutigte sie, einfach darüber zu sprayen und ihr Bild nochmals neu zu beginnen.
Ebenso plötzlich waren viele Besucher_innen da, die
interessiert zuschauten! Viele Presseleute und Fotografen standen rund um das
Geschehen herum, alle wollten Shamsia kennenlernen und mit ihr reden!
E., S. und Heba hatten megaviel Freude am zeichnen mit den Spraydosen. Und sie waren mit ihren Bildern zufrieden. Dieser Nachmittag ging rasend schnell vorbei und auf den
Bildern der Kids waren ihre Themen deutlich erkennbar.
Eine von den beiden Blachen ist nicht ganz fertig geworden. Nach den Sommerferien werden wir noch ein paar fehlende Details zeichnen und sprayen. Danach dürfen wir die Blachenbilder bei uns im Atelier aufhängen. Nach diesem erlebnisreichen Tag konnten wir uns am Abend im Garten mit einem abschliessenden Gespräch von Shamsia verabschieden.
Die grösseren Mädchen waren schon am Vormittag sehr scheu, sie trauten sich nicht die Künstlerin anzusprechen. Und auch jetzt spürte ich dieselbe Unsicherheit. Shamsia empfand das so, als hätten sie kein Interesse gehabt. Und wenn die Girls sich nicht sicher fühlen, dann kichern sie. Damit verstecken sie generell ihre Unsicherheiten. Das kann auch missverstanden werden. Die Mädchen waren jedenfalls ziemlich betroffen, als Shamsia ihnen so unverblümt mitteilte, sie habe bei ihnen kein Interesse und auch keine Lust wahrgenommen.
Alberta verteidigte sich dann aus ihrer Sicht und sagte zu Shamsia, dass plötzlich so viele Leute da gewesen wären und sie halt oft weg war. Sie seien dann in den Schatten gesessen und hätten gewartet. Das mit den vielen Interviews, die Abwesenheit Shamsia's während dem Arbeitsprozess hätte besser organisiert werden sollen, das stimmt.
Die Kids durften dann Shamsia noch einiges über ihr Leben und ihre Arbeit als Künstlerin in Afghanistan fragen. Dabei kamen sie auch auf die Bewegungsfreiheit von Moslem_innen zu sprechen. Als Shamsia realisierte, dass alle anwesenden Kids auch Moslems sind, war sie sehr erstaunt. Das Leben hier ist für die Mädchen doch sehr anders als für die Mädchen und Frauen dort in Afghanistan. Die Kids bewundern den Mut von der Künstlerin, die sich so stark für die Frauen engagiert.
Dieser Workshop mit der jungen und mutigen Graffitikünstlerin
aus Afghanistan bleibt für uns alle Teilnehmenden ein unvergessliches
Erlebnis.
Wir danken dir ganz herzlich Shamsia, dass wir mit dir zusammenarbeiten durften!
Wir danken dir ganz herzlich Shamsia, dass wir mit dir zusammenarbeiten durften!
Auf meine Frage an den KIOSK-Besitzer, warum er uns seinen Garten für diese Sprayaktion zur Verfügung stellte, antwortete er: "Er sei sehr an Kunst interessiert! Und schon als Kind habe er immer sehr gern und viel gezeichnet und das tue er auch heute noch. Mit seinen vier Töchtern seien sie oft in Museen gegangen". Zwei von Ihnen absolvierten eine Kunst- und Grafikhochschule, eine arbeitet mit Trick- und Animationsfilmen und die Mutter ist eine Seidenteppichknüpferin. Sein rundum schöner Kunst & Kultur KIOSK kann ich bestens empfehlen!
Ein grosses Dankeschön an den Kioskbesitzer und seine ganze Familie!
Ein grosses Dankeschön an den Kioskbesitzer und seine ganze Familie!
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